Abschiedsbrief (Auszug)
My last words
... by Jan-Peter Sahler aka killaH aka killaHra aka Isolated
Hallo.
Wenn jemand das hier liest, dann bin ich (hoffentlich) tot. Wenn ich durch unglückliche Umstände doch nicht tot bin, dann dürft ihr >hier< aufhören zu lesen. Danke.
Träume, Träume, alles Träume in meinem
wirren Kopf.
Wird’ ich schwach dann träume ich von einer angepassten Welt.
Bin ich stark dann sehe ich die Realität. Sie schmerzt.
Ich höre meinen Herzschlag in der Stille des Raumes.
Immer stärker wird er, pocht gegen meine Brust.
Es soll aufhören! Und geschieht es nicht von selbst, dann helfe ich nach.
Erlöst mich von meinem Leid, ich will nicht mehr hinnehmen und zusehen!
Zweck dieses Briefes soll es sein, eine Art Begründung für mein Handeln zu liefern, damit ihr nicht im Dunkeln bleibt und euch vielleicht irgendwelche Vorwürfe macht.
Warum ich das getan habe? Nun ... ich fühle mich nicht in der Lage auf dieser Welt,
in dieser Gesellschaft zu bestehen.
Ich bin lange Zeit mit verschlossenen Augen durch das Leben geschleift, wollte
meine Probleme nicht wahrhaben. Ich weiß nicht wann es alles begann, aber
ich weiß, dass es schon in meinen frühen Kindheitsjahren geschehen
ist und ich diesen Weg konsequent weiterverfolgt habe. Gewiss ist die Wahl
meiner Mittelstufen-Schulen ein fördernder Faktor gewesen.
In den ersten Tagen auf der Freiherr-Vom-Stein-Schule wurde mir erst bewusst,
wie schlimm es um mich bestellt war. Ich sah nicht nur unglaublich scheiße
aus, ich hatte zudem kein Selbstvertrauen, kein Koordinierungssinn, mein
Gedächtnis war Überschüttet von Informationen ... die jeder
andere hinbekommen hätte. Ich war überfordert von jeder nicht zu
erwartenden Situation, und dies änderte sich bis zu meinem Tod nicht. Am
Ende des ersten Halbjahres der 12 ging ich dann einen neuen Weg. Ich
kündigte mein World-Of-Warcraft-Abonnement, fing an Gedichte zu schreiben
und über sehr, sehr viele Dinge nachzudenken. Mich überfiel eine Art
Gleichgültigkeitsstimmung... Mir war egal, was andere über mich
dachten, egal, wie scheiße ich aussehe. Aus Überzeugung zog ich
immer zwei verschiedene Socken an ... versuchte erst gar nicht, zwei passende
zu finden. Meine neu gewonnene Freizeit verbrachte ich mit dem Zeichnen, Dichten,
und man kann es kaum glauben, ich las sogar freiwillig ein Buch (Schuld und
Sühne). Ich distanzierte mich von allen Personen, auch wenn es nicht
sonderlich viel zum Distanzieren gab, die Kluft war bereits unüberschreitbar.
Ich beobachtete das Handeln von Mitschülern, und manches ekelte mich gerade
zu an. Ich begriff, dass ich mit den meisten Leuten nichts zu haben wollte,
schon alleine weil ich ihr Verhalten den anderen gegenüber für
unzumutbar empfand. Und diejenigen die ich mochte ... ließ ich weiter
distanziert. Ich machte ja nicht mal den Versuch zu irgendeiner Person Kontakt
aufzubauen. Ich merkte, dass ich nicht in die „Ausländer-Ecke“ gehörte,
aber es auch nicht wagte in bereits geformte Gruppen einzutauchen. Ehrlich gesagt,
selbst wenn ich es probiert hätte, es hätte wohl nicht geklappt. Denn
nach einer Weile stellte ich fest, dass das Problem nicht auf andere zu schieben
war ... Es war eher an mir zu suchen, und ich stellte erschreckendes fest. Zwar
hatte ich ein theoretisches Selbstbewusstsein durch meine Gleichgültigkeit
erlangt, aber im inneren wusste ich, dass das nicht ICH bin, und ich auch nicht
sein konnte. Im Endeffekt stand ich alleine in der Ecke, wie ich mein ganzes
Leben bereits alleine war. Ich realisierte nun auch innerlich, dass ich nicht
gesellschaftsfähig war ... nicht mit Personen sprechen konnte ... kein
Gespräch aufrechterhalten konnte ... und noch vieles andere, was ich aber
nicht weiter erläutern möchte. Ich denke so etwas nennt man eine
Entwicklungsstörung...
Mein ganzes Leben habe ich alleine verbracht, fernab von Spaß, Freunden,
Frauen. Es gab Zeiten kurz vor meinem Tod, da dachte ich noch, ich könne
mein Es unterdrücken. Es gab Zeiten da dachte ich, wenn ich nur genug
gewissenhaft vorgehe, Selbstkontrolle herrschen lasse, dann könne ich
mein Es verleugnen. Aber dann, wo ich merke, dass es nicht funktioniert und
mich nur noch Tiefer in mein Loch zieht, hatte ich keine andere Wahl als den
Tod herbeizurufen.
Ich bin ein Träumer, ich habe immer in meiner Traumwelt gelebt. Jetzt bin ich
erwacht, und es ist schrecklich es anzusehen.
18 Jahre und nichts für die Ewigkeit gethan!
Nie einen echten Freund, nie nur die Hauch einer Nähe einer weiblichen
Person. Dabei habe ich es mir stets gewünscht ... gehofft ... aber ich
habe geträumt. Die Träume waren meine Zuflucht und zugleich mein
Verderben.
Natürlich hat auch die Angst vor der Zukunft etwas
mit meinem Abgang zu tun. Wer hat denn keine Angst vor ihr? Ich will keine
Angst haben.
Ich wollte nichts mehr primär mit Computern machen, ich wollte Menschen
helfen. Als (Kinder-)Psychotherapeut oder Arzt im Krankenhaus, oder
Rettungshelfer, mir egal was. Aber da gab es nur ein Problem: Ich ekele mich
viel zu sehr vor Blut und Innereien, außerdem kann ich überhaupt
nicht gut mit Kindern (ich mag sie, aber ich kann generell mit Menschen
nicht umgehen). Ich habe außerdem sonst kein Talent was mir irgendwie
weiterhelfen könnte. Also kann ich wegen mir selber nicht das werden
was ich will! Na klasse ... und anstatt 5-6 Jahre auf der Warteliste für
irgendein Studium zu stehen um dann zu merken, dass ich ungeeignet für
die Berufe bin ... da hab’ ich nicht sonderlich Lust drauf.
Aber nur zur Info: Irgendeinen Leistungsdruck wegen der Schule oder so hat
es nie gegeben. Das hat überhaupt nichts damit zu tun!
Macht euch keine Sorgen, ihr hättet nichts daran ändern können!
Gäbe es noch andere wichtige Personen in meinem Leben, ich würde gewiss
an sie denken. Wie ihr seht gibt es keine. Was mir wichtig ist, ist dass
ihr euch keine Vorwürfe macht. Ich kann euch die Trauer nicht verbieten,
aber ich bitte euch: Lebt euer Leben weiter! Vergesst mich ... stellt euch
keine Fragen, straight forward!
Wenn mein Körper noch zu irgendetwas taugt, dann sollt ihr ihn den
Ärzten zum Fraß vorwerfen. Nehmt mich aus, alle Organe die was
taugen. Und wenn nicht, dann gebt mich den Studenten! Und wenn das nicht
möglich ist ... nun, es ist mir egal. Aber gebt bitte nicht viel Geld
für meine Beerdigung aus. Nehmt am besten einen Pappsarg ... die sind
schön günstig. Ich mache hier keine Scherze, ich meine das ernst.
Wenn ihr wenigstens etwas respektieren sollt, wenn ihr schon nicht meinen
Tod akzeptiert (denn ich weiß, dass ihr das nicht werdet), dann meinen
letzten Willen. Und der sagt: Nichts teures, erkundigt euch nach der
günstigsten Methode! Ideal wäre ein Pappsarg.
Zudem möchte ich, falls möglich, dass
während meiner was-auch-immer das Lied
"Andre Delano - Mystic Journey"
gespielt wird (liegt auf meinem Desktop). Ist zwar nicht mein Lieblingslied,
es gibt auch bestimmt passendere und bessere Lieder für meine Bestattung
(oder was auch immer) ... ist einfach nur mein FOTM-Song und zerdrückt
mir mein Herz (FOTM = Favour of the Month).
Auf meinem Konto dürften noch so die 700€ sein ...
ich würde mich freuen wenn ihr einen Teil davon an irgendeine
Spendenorganisation überweist. Ich bin ja dafür zu faul ;)
Meinen PC könnt ihr verwenden wie ihr wollt.
Mh ... ich weiss nicht mehr ganz genau was ich sagen soll ... ich hoffe nur ihr nehmt es nicht zu schwer auf.
*Spotlight*
.... Ja .... Und ich grüß natürlich noch Sandra, Claude,
Oma Luzia und den Rest der Sippe, (fast) alle in meiner Stufe und jeden
der mich jemals gesehen hat >_>
Wehe einer trauert! Ich guck von oben zu, ich seh’ alles was ihr macht! -_-;;
Respektiert bitte meine Entscheidung!
Mit kalten Grüßen
Jan Sahler